1. Wärmebehandlung von ferritischem Edelstahl: Ferritischer Edelstahl besitzt im Allgemeinen eine stabile Ferritstruktur. Beim Erhitzen oder Abkühlen findet kein Phasenübergang statt. Daher lassen sich die mechanischen Eigenschaften nicht durch Wärmebehandlung beeinflussen. Hauptzweck der Wärmebehandlung ist die Reduzierung der Sprödigkeit und die Verbesserung der Beständigkeit gegen interkristalline Korrosion.
① Sprödigkeit der σ-Phase: Ferritischer Edelstahl neigt sehr zur Bildung der σ-Phase, einer chromreichen Metallverbindung. Diese ist hart und spröde und bildet sich besonders leicht zwischen den Körnern, was den Stahl spröde macht und die Anfälligkeit für interkristalline Korrosion erhöht. Die Bildung der σ-Phase hängt von der Zusammensetzung ab. Chrom, Silizium, Mangan, Molybdän usw. fördern die Bildung der σ-Phase. Auch der Verarbeitungsprozess, insbesondere das Erhitzen und Verweilen bei Temperaturen zwischen 540 und 815 °C, begünstigt die Bildung der σ-Phase. Die Bildung der σ-Phase ist jedoch reversibel. Durch erneutes Erhitzen auf eine Temperatur oberhalb der Bildungstemperatur der σ-Phase löst sich diese wieder in der festen Lösung auf.
② 475 °C-Sprödigkeit: Wird ferritischer Edelstahl längere Zeit im Bereich von 400–500 °C erhitzt, zeigt er eine erhöhte Festigkeit und verringerte Zähigkeit, d. h. eine erhöhte Sprödigkeit. Diese ist bei 475 °C am deutlichsten ausgeprägt und wird daher als 475 °C-Sprödigkeit bezeichnet. Bei dieser Temperatur ordnen sich die Chromatome im Ferrit neu an und bilden kleine, mit der Grundphase kohärente, chromreiche Bereiche. Dies führt zu Gitterverzerrungen, erzeugt innere Spannungen, erhöht die Härte des Stahls und steigert seine Sprödigkeit. Gleichzeitig entsteht neben den chromreichen Bereichen auch chromarme Bereiche, die die Korrosionsbeständigkeit beeinträchtigen. Wird der Stahl auf eine Temperatur über 700 °C erneut erhitzt, werden die Verzerrungen und die inneren Spannungen abgebaut, und die 475 °C-Sprödigkeit verschwindet.
③ Hochtemperatursprödigkeit: Beim Erhitzen auf über 925 °C und anschließendem schnellen Abkühlen bilden sich Verbindungen aus Chrom, Kohlenstoff, Stickstoff usw., die sich in den Körnern und an den Korngrenzen ablagern. Dies führt zu erhöhter Sprödigkeit und interkristalliner Korrosion. Diese Verbindungen lassen sich durch Erhitzen auf 750–850 °C und anschließendes schnelles Abkühlen entfernen.
Wärmebehandlungsverfahren:
① Glühen: Um die σ-Phase, die Sprödigkeit bei 475 °C und die Hochtemperatursprödigkeit zu beseitigen, kann Glühen angewendet werden. Dabei wird das Material auf 780–830 °C erhitzt, warmgehalten und anschließend an der Luft oder im Ofen abgekühlt. Bei hochreinem ferritischem Edelstahl (mit einem C-Gehalt von ≤ 0,01 %, streng kontrollierten Gehalten an Si, Mn, S und P) kann die Glühtemperatur erhöht werden.
② Spannungsarmglühen: Nach dem Schweißen und der Kaltverformung können in den Bauteilen Spannungen auftreten. Ist Glühen unter bestimmten Umständen nicht geeignet, können Erwärmung, Warmhalten und Luftkühlung im Bereich von 230–370 °C eingesetzt werden, um einen Teil der inneren Spannungen abzubauen und die Plastizität zu verbessern.
2. Wärmebehandlung von austenitischem Edelstahl: Legierungselemente wie Chrom und Nickel bewirken, dass die Ms-Temperatur von austenitischem Edelstahl unter Raumtemperatur (-30 bis -70 °C) sinkt. Um die Stabilität der austenitischen Struktur zu gewährleisten, findet oberhalb Raumtemperatur beim Erhitzen und Abkühlen kein Phasenübergang statt. Daher dient die Wärmebehandlung von austenitischem Edelstahl primär nicht der Veränderung der mechanischen Eigenschaften, sondern der Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit.
A. Lösungsglühen von austenitischem Edelstahl
Funktion:
① Ausscheidung und Auflösung von Legierungskarbiden in Stahl: Kohlenstoff (C) ist ein Legierungselement in Stahl. Er trägt zwar zur Festigkeitssteigerung bei, ist aber korrosionshemmend. Insbesondere wenn C mit Chrom (Cr) Karbide bildet, verschlechtert sich der Effekt noch. Daher sollte sein Anteil reduziert werden. Aus diesem Grund wird die temperaturabhängige Löslichkeit von C in Austenit genutzt: Sie ist bei hohen Temperaturen hoch und bei niedrigen Temperaturen gering. Laut Daten beträgt die Löslichkeit von C in Austenit 0,34 % bei 1200 °C, 0,18 % bei 1000 °C und 0,02 % bei 600 °C, und ist bei Raumtemperatur noch geringer. Daher wird der Stahl auf eine hohe Temperatur erhitzt, um die C-Cr-Verbindung vollständig aufzulösen, und anschließend schnell abgekühlt, damit keine Zeit für die Ausscheidung bleibt. Dies gewährleistet die Korrosionsbeständigkeit des Stahls, insbesondere die Beständigkeit gegen interkristalline Korrosion.
②σ-Phase: Wird austenitischer Stahl längere Zeit im Bereich von 500–900 °C erhitzt oder werden Elemente wie Ti, Nb und Mo hinzugefügt, fördert dies die Ausscheidung der σ-Phase. Dadurch wird der Stahl spröder und seine Korrosionsbeständigkeit verringert. Die σ-Phase lässt sich eliminieren, indem man sie bei einer Temperatur oberhalb ihrer möglichen Ausscheidungstemperatur auflöst und anschließend schnell abkühlt, um eine erneute Ausscheidung zu verhindern.
Verfahren:
In der Norm GB1200 ist der empfohlene Erwärmungstemperaturbereich mit 1000–1150 °C, üblicherweise 1020–1080 °C, relativ breit. Abhängig von der spezifischen Werkstoffzusammensetzung, dem Herstellungsverfahren (Guss oder Schmiedeteil) usw. muss die Erwärmungstemperatur innerhalb des zulässigen Bereichs entsprechend angepasst werden. Bei zu niedriger Erwärmungstemperatur lösen sich die C-Cr-Carbide nicht vollständig auf. Bei zu hoher Temperatur kommt es zu Problemen mit Kornwachstum und verringerter Korrosionsbeständigkeit.
Kühlmethode: Um die Wiederausscheidung von Karbiden zu verhindern, sollte die Abkühlung beschleunigt werden. In den Normen meines Landes und einiger anderer Länder ist eine „schnelle Abkühlung“ nach der Lösungsglühung vorgeschrieben. Aus der Fachliteratur und praktischen Erfahrungen ergibt sich folgender Richtwert für „schnell“:
C-Gehalt ≥ 0,08 %; Cr-Gehalt > 22 %, Ni-Gehalt ist relativ hoch; C-Gehalt < 0,08 %, aber effektive Größe > 3 mm, sollte wassergekühlt werden;
C-Gehalt < 0,08 %, Größe < 3 mm, luftgekühlt werden können;
Effektive Größe ≤ 0,5 mm können luftgekühlt werden.
B. Stabilisierungswärmebehandlung von austenitischem Edelstahl
Die Stabilisierungswärmebehandlung ist auf austenitische Edelstähle beschränkt, die stabilisierende Elemente wie Ti oder Nb enthalten, z. B. 1Cr18Ni9Ti, 0Cr18Ni11Nb usw.
Funktion:
Wie bereits erwähnt, verbindet sich Chrom (Cr) mit Kohlenstoff (C) zu Cr₂₃C₆-Verbindungen und scheidet sich an den Korngrenzen ab. Dies ist die Ursache für die abnehmende Korrosionsbeständigkeit von austenitischem Edelstahl. Chrom ist ein stark karbidbildendes Element. Sobald sich die Gelegenheit bietet, verbindet es sich mit Kohlenstoff und scheidet sich ab. Daher werden dem Stahl die Elemente Titan (Ti) und Niob (Nb) zugesetzt, die eine höhere Affinität zu diesen Elementen als Chrom und Kohlenstoff besitzen. Dadurch werden Bedingungen geschaffen, unter denen sich Kohlenstoff bevorzugt mit Ti und Nb verbindet. Dies verringert die Wahrscheinlichkeit einer Verbindung von Kohlenstoff mit Chrom, sodass Chrom stabil im Austenit verbleibt und somit die Korrosionsbeständigkeit des Stahls gewährleistet wird. Die Stabilisierungswärmebehandlung dient dazu, Ti und Nb mit Kohlenstoff zu verbinden und Chrom im Austenit zu stabilisieren.
Verfahren:
Heiztemperatur: Diese Temperatur sollte höher sein als die Auflösungstemperatur von Cr23C6 (400-825℃), niedriger als oder etwas höher als die Anfangsauflösungstemperatur von TiC oder NbC (z. B. liegt der Auflösungstemperaturbereich von TiC bei 750-1120℃), und die Stabilisierungsheiztemperatur wird im Allgemeinen auf 850-930℃ gewählt, wodurch Cr23C6 vollständig aufgelöst wird, sodass Ti oder Nb sich mit C verbinden, während Cr im Austenit verbleibt.
Kühlmethode: Üblicherweise wird Luftkühlung eingesetzt. Alternativ sind auch Wasser- oder Ofenkühlung möglich, die je nach den spezifischen Anforderungen der Bauteile gewählt werden sollten. Die Abkühlgeschwindigkeit hat keinen signifikanten Einfluss auf die Stabilisierungswirkung. Unsere experimentellen Untersuchungen ergaben, dass die Abkühlgeschwindigkeit bei einer Abkühlung von der Stabilisierungstemperatur von 900 °C auf 200 °C 0,9 °C/min bzw. 15,6 °C/min beträgt. Im Vergleich dazu bleiben die metallografische Struktur, die Härte und die Beständigkeit gegen interkristalline Korrosion im Wesentlichen unverändert.
C. Spannungsarmglühen von austenitischem Edelstahl
Zweck: Bauteile aus austenitischem Edelstahl weisen zwangsläufig Spannungen auf, beispielsweise durch Bearbeitung oder Schweißen bei der Kaltverformung. Diese Spannungen können negative Auswirkungen haben, etwa auf die Dimensionsstabilität. Werden die Bauteile in chlorhaltigen Medien, Schwefelwasserstoff (H₂S), Natriumhydroxid (NaOH) oder anderen Medien eingesetzt, kann es zu Spannungsrisskorrosion kommen. Diese plötzliche, lokale Schädigung tritt ohne Vorwarnung auf und ist sehr schädlich. Daher sollten die Spannungen in austenitischen Edelstahlbauteilen, die unter bestimmten Betriebsbedingungen eingesetzt werden, minimiert werden. Dies lässt sich durch Spannungsarmglühen erreichen.
Verfahren: Unter geeigneten Bedingungen lassen sich Spannungen durch Lösungsglühen und Stabilisierungsglühen besser abbauen (auch die Wasserkühlung in fester Lösung erzeugt Spannungen). Manchmal ist dieses Verfahren jedoch nicht anwendbar, beispielsweise bei Rohrleitungen in Kreisläufen, Werkstücken ohne Toleranzen oder Teilen mit besonders komplexen, leicht verformbaren Formen. In solchen Fällen kann ein Spannungsarmglühen bei einer Temperatur unter 450 °C zur teilweisen Spannungsreduzierung eingesetzt werden. Muss das Werkstück in einer Umgebung mit starker Spannungsrisskorrosion eingesetzt werden und die Spannungen vollständig beseitigt werden, ist dies bei der Werkstoffauswahl zu berücksichtigen, beispielsweise durch die Verwendung von Stählen mit stabilisierenden Elementen oder austenitischem Edelstahl mit ultraniedrigem Kohlenstoffgehalt.
D. Wärmebehandlung von martensitischem Edelstahl
Das herausragendste Merkmal von martensitischem Edelstahl im Vergleich zu ferritischem, austenitischem und Duplex-Edelstahl ist die Möglichkeit, die mechanischen Eigenschaften durch Wärmebehandlungsverfahren in einem breiten Spektrum an die jeweiligen Einsatzbedingungen anzupassen. Unterschiedliche Wärmebehandlungsverfahren beeinflussen zudem die Korrosionsbeständigkeit.
① Der Gefügezustand von martensitischem Edelstahl nach dem Abschrecken
Abhängig von der chemischen Zusammensetzung
0Cr13, 1Cr13, 1Cr17Ni2 sind Martensit + eine geringe Menge Ferrit;
2Cr13, 3Cr13, 2Cr17Ni2 sind im Wesentlichen martensitische Organisationen;
4Cr13 und 9Cr18 sind Legierungskarbide auf der martensitischen Matrix;
0Cr13Ni4Mo und 0Cr13Ni6Mo sind Restaustenit auf der martensitischen Matrix.
② Korrosionsbeständigkeit und Wärmebehandlung von martensitischem Edelstahl
Die Wärmebehandlung von martensitischem Edelstahl beeinflusst nicht nur die mechanischen Eigenschaften, sondern auch die Korrosionsbeständigkeit. Ein Beispiel hierfür ist das Anlassen nach dem Abschrecken: Nach dem Martensit-Abschrecken führt ein Anlassen bei niedriger Temperatur zu einer höheren Korrosionsbeständigkeit; ein Anlassen bei mittlerer Temperatur (400–550 °C) verringert die Korrosionsbeständigkeit; ein Anlassen bei hoher Temperatur (600–750 °C) verbessert sie.
③ Wärmebehandlungsprozess und Funktion von martensitischem Edelstahl
Glühen: Je nach Zweck und gewünschter Funktion können verschiedene Glühverfahren angewendet werden: Wenn lediglich die Härte reduziert, die Weiterverarbeitung erleichtert und Spannungen abgebaut werden sollen, kann eine Niedertemperaturglühung (auch unvollständige Glühung genannt) eingesetzt werden. Die Heiztemperatur kann zwischen 740 und 780 °C gewählt werden, und durch Luftkühlung oder Ofenkühlung kann eine Härte von 180 bis 230 HB erreicht werden.
Um die Schmiede- oder Gussstruktur zu verbessern, die Härte zu verringern und eine geringe Leistungsfähigkeit für die direkte Anwendung zu gewährleisten, kann eine vollständige Glühung durchgeführt werden, im Allgemeinen wird das Material auf 870 bis 900 °C erhitzt und nach der Isolierung im Ofen abgekühlt oder mit einer Rate von ≤ 40 °C/h auf unter 600 °C abgekühlt. Die Härte kann 150 bis 180 HB erreichen;
Isothermes Glühen kann das vollständige Glühen ersetzen und dessen Ziel erreichen. Die Heiztemperatur beträgt 870–900 °C. Nach dem Erhitzen und einer kurzen Warmhaltezeit (siehe Umwandlungskurve) wird der Ofen auf 700–740 °C abgekühlt und diese Temperatur über einen längeren Zeitraum gehalten (siehe Umwandlungskurve). Anschließend wird der Ofen auf unter 550 °C abgekühlt und das Werkstück entnommen. Die Härte kann 150–180 HB erreichen. Dieses isotherme Glühen ist auch eine effektive Methode, um das Gefüge nach dem Schmieden zu verbessern und die mechanischen Eigenschaften nach dem Härten und Anlassen, insbesondere die Kerbschlagzähigkeit, zu erhöhen.
Abschrecken: Der Hauptzweck des Abschreckens von martensitischem Edelstahl ist die Festigkeitssteigerung. Der Stahl wird auf über die kritische Temperatur erhitzt, warmgehalten, damit sich die Karbide vollständig im Austenit auflösen, und anschließend mit einer geeigneten Abkühlgeschwindigkeit abgekühlt, um das abgeschreckte Martensitgefüge zu erhalten.
Wahl der Abschrecktemperatur: Das Grundprinzip besteht darin, die Austenitbildung zu gewährleisten und die Legierungskarbide vollständig im Austenit aufzulösen und zu homogenisieren. Außerdem darf es nach dem Abschrecken weder zu groben Austenitkörnern noch zu Ferrit- oder Restaustenitanteilen im Gefüge kommen. Daher darf die Abschrecktemperatur weder zu niedrig noch zu hoch sein. Die Abschrecktemperatur von martensitischem Edelstahl variiert je nach Material leicht, und der empfohlene Bereich ist groß. Erfahrungsgemäß ist eine Abschrecktemperatur im Bereich von 980–1020 °C in der Regel ausreichend. Selbstverständlich sollte die Abschrecktemperatur bei speziellen Stahlsorten, besonderen Bauteilvorgaben oder speziellen Anforderungen entsprechend angepasst werden, das Grundprinzip der Abschreckung darf jedoch nicht verletzt werden.
Kühlverfahren: Aufgrund der Zusammensetzungseigenschaften von martensitischem Edelstahl ist Austenit relativ stabil, die C-Kurve verschiebt sich nach rechts und die kritische Abkühlgeschwindigkeit ist relativ niedrig. Daher können Öl- und Luftkühlung zur Martensithärtung eingesetzt werden. Für Bauteile, die eine große Abschrecktiefe und bestimmte mechanische Eigenschaften, insbesondere eine hohe Kerbschlagzähigkeit, erfordern, ist jedoch Ölkühlung vorzuziehen.
Anlassen: Nach dem Abschrecken weist martensitischer Edelstahl eine martensitische Struktur mit hoher Härte, hoher Sprödigkeit und hohen inneren Spannungen auf und muss daher angelassen werden. Martensitischer Edelstahl wird im Wesentlichen bei zwei Anlasstemperaturen verwendet:
Durch Anlassen zwischen 180 und 320 °C entsteht ein angelassenes Martensitgefüge mit hoher Härte und Festigkeit, geringer Plastizität und Zähigkeit sowie guter Korrosionsbeständigkeit. Beispielsweise eignet sich das Niedertemperaturanlassen für Werkzeuge, Lager, verschleißfeste Teile usw.
Durch Anlassen bei 600–750 °C wird eine angelassene Martensitstruktur erzielt. Diese weist gute mechanische Eigenschaften wie Festigkeit, Härte, Plastizität und Zähigkeit auf. Je nach Anforderungen an Festigkeit, Plastizität und Zähigkeit kann die Anlasstemperatur unterhalb oder oberhalb der jeweiligen Temperaturgrenze gewählt werden. Die angelassene Struktur bietet zudem eine gute Korrosionsbeständigkeit.
Anlassen bei 400–600 °C ist im Allgemeinen unüblich, da es in diesem Temperaturbereich zur Ausscheidung hochdisperser Carbide aus dem Martensit, zur Anlasssprödigkeit und zur Verringerung der Korrosionsbeständigkeit führt. Federn, beispielsweise aus 3Cr13- und 4Cr13-Stahl, können jedoch bei dieser Temperatur angelassen werden und erreichen eine HRC-Härte von 40–45 bei guter Elastizität.
Die Abkühlung nach dem Anlassen kann im Allgemeinen an der Luft erfolgen. Bei Stahlsorten mit Anlasssprödigkeit, wie z. B. 1Cr17Ni2, 2Cr13, 0Cr13Ni4Mo usw., empfiehlt sich jedoch die Ölkühlung nach dem Anlassen. Zudem ist zu beachten, dass das Anlassen zeitnah nach dem Abschrecken erfolgen muss, im Sommer innerhalb von maximal 24 Stunden und im Winter innerhalb von maximal 8 Stunden. Kann das Anlassen aufgrund der Prozesstemperatur nicht zeitnah erfolgen, sind Maßnahmen zur Vermeidung von statischen Rissen zu ergreifen.
E. Wärmebehandlung von Ferrit-Austenit-Duplex-Edelstahl
Duplex-Edelstahl ist ein relativ junges Mitglied der Edelstahlfamilie und wurde erst später entwickelt, seine Eigenschaften sind jedoch weithin anerkannt und geschätzt. Die Zusammensetzung (hoher Chrom-, niedriger Nickel-, Molybdän- und Stickstoffgehalt) und die Gefügeeigenschaften von Duplex-Edelstahl verleihen ihm eine höhere Festigkeit und Plastizität als austenitischem und ferritischem Edelstahl. Seine Korrosionsbeständigkeit ist vergleichbar mit der von austenitischem Edelstahl. Zudem weist er in Cl-Medium und Meerwasser eine höhere Beständigkeit gegen Lochfraß, Spaltkorrosion und Spannungsrisskorrosion auf als jeder andere Edelstahl.
Funktion:
① Sekundäraustenit entfernen: Bei höheren Temperaturen (z. B. beim Gießen oder Schmieden) nimmt der Ferritanteil zu. Oberhalb von 1300 °C kann sich einphasiger Ferrit bilden. Dieser Hochtemperaturferrit ist instabil. Bei späterer Alterung bei niedrigeren Temperaturen scheidet sich Austenit ab. Dieser Austenit wird als Sekundäraustenit bezeichnet. Da der Chrom- und Stickstoffgehalt in diesem Austenit geringer ist als in normalem Austenit, kann er Korrosion verursachen und muss daher durch Wärmebehandlung entfernt werden.
② Beseitigung von Cr23C6-Carbid: Bei Temperaturen unter 950℃ scheidet sich in Zweiphasenstahl Cr23C6 aus, was die Sprödigkeit erhöht und die Korrosionsbeständigkeit verringert. Dieses Carbid sollte beseitigt werden.
③ Beseitigung von Nitriden Cr2N und CrN: Da Stahl ein N-Element enthält, können sich mit Cr Nitride bilden, die die mechanische Beständigkeit und Korrosionsbeständigkeit beeinträchtigen und daher beseitigt werden sollten.
④ Eliminierung intermetallischer Phasen: Die Zusammensetzungseigenschaften von Duplexstahl begünstigen die Bildung einiger intermetallischer Phasen, wie z. B. der σ-Phase und der γ-Phase, welche die Korrosionsbeständigkeit verringern und die Sprödigkeit erhöhen und daher eliminiert werden sollten.
Verfahren: Ähnlich wie bei austenitischem Stahl wird eine Lösungsglühung bei einer Temperatur von 980 bis 1100 °C durchgeführt, gefolgt von einer schnellen Abkühlung, in der Regel mit Wasser.
F. Wärmebehandlung von ausscheidungshärtendem Edelstahl
Ausscheidungshärtender Edelstahl ist ein relativ junger Stahltyp, dessen Entwicklung relativ spät vorangetrieben wurde. Er ist eine Edelstahlsorte, die in der Praxis erprobt, erforscht und weiterentwickelt wurde. Ferritischer und austenitischer Edelstahl, die bereits früher entwickelt wurden, weisen zwar eine gute Korrosionsbeständigkeit auf, ihre mechanischen Eigenschaften lassen sich jedoch nicht durch Wärmebehandlung anpassen, was ihre Anwendungsmöglichkeiten einschränkt. Martensitischer Edelstahl hingegen ermöglicht die Anpassung der mechanischen Eigenschaften in einem größeren Bereich durch Wärmebehandlung, ist aber weniger korrosionsbeständig.
Merkmale:
Es weist einen geringeren Kohlenstoffgehalt (in der Regel ≤ 0,09 %), einen höheren Chromgehalt (in der Regel ≥ 14 %) sowie Molybdän, Kupfer und andere Elemente auf, wodurch es eine höhere Korrosionsbeständigkeit aufweist, die sogar mit der von austenitischem Edelstahl vergleichbar ist. Durch Lösungsglühen und Auslagern lässt sich ein Gefüge mit einer auf der martensitischen Matrix ausgeschiedenen Ausscheidungsphase erzielen, was zu einer höheren Festigkeit führt. Festigkeit, Plastizität und Zähigkeit können durch die Anpassung der Auslagerungstemperatur in einem bestimmten Bereich eingestellt werden. Darüber hinaus ermöglicht das Wärmebehandlungsverfahren der Lösungsglühung mit anschließender Ausscheidungshärtung die Weiterverarbeitung in Grundform bei geringer Härte nach der Lösungsglühung und die anschließende Aushärtung durch Auslagern. Dies reduziert die Verarbeitungskosten und ist vorteilhafter als bei martensitischem Stahl.
Einstufung:
① Martensitisch ausscheidungshärtender Edelstahl und seine Wärmebehandlung: Die Eigenschaften von martensitischem ausscheidungshärtendem Edelstahl sind: Die Starttemperatur Ms der Austenit-Martensit-Umwandlung liegt oberhalb der Raumtemperatur. Nach dem Erhitzen, Austenitisieren und anschließenden schnellen Abkühlen entsteht eine lamellenförmige Martensitmatrix. Nach der Aushärtung scheiden sich feine Kupferpartikel aus der lamellenförmigen Martensitmatrix ab und verstärken das Gefüge.
② Wärmebehandlung von halbaustenitischem Edelstahl: Der Ms-Punkt dieses Stahls liegt im Allgemeinen etwas unterhalb der Raumtemperatur. Nach dem Lösungsglühen und Abkühlen auf Raumtemperatur erhält man daher ein austenitisches Gefüge mit sehr geringer Festigkeit. Um die Festigkeit und Härte der Matrix zu verbessern, muss der Stahl erneut auf 750–950 °C erhitzt und warmgehalten werden. Dabei scheiden sich Karbide im Austenit ab, die Stabilität des Austenits nimmt ab und der Ms-Punkt steigt über die Raumtemperatur. Nach erneutem Abkühlen entsteht ein martensitisches Gefüge. Zusätzlich kann eine Kaltbehandlung (Tieftemperaturbehandlung) durchgeführt und der Stahl anschließend ausgelagert werden, um schließlich einen verfestigten Stahl mit Ausscheidungen in der Martensitmatrix zu erhalten.
Es zeigt sich, dass nach entsprechender Wärmebehandlung die mechanischen Eigenschaften von ausscheidungshärtendem martensitischem Edelstahl die von reinem martensitischem Edelstahl erreichen, während die Korrosionsbeständigkeit der von austenitischem Edelstahl entspricht. Hierbei ist zu beachten, dass sich zwar sowohl martensitischer als auch ausscheidungshärtender Edelstahl durch Wärmebehandlung verstärken lassen, der Verstärkungsmechanismus jedoch unterschiedlich ist. Aufgrund seiner Eigenschaften ist ausscheidungshärtender Edelstahl geschätzt und weit verbreitet.
Veröffentlichungsdatum: 06.02.2025